Der 1. Senat des Bundessozialgerichts hat heute, am 10. November 2021 entschieden (Aktenzeichen: B 1 KR 7/21 R), dass gleichgeschlechtliche Paare keinen Anspruch gegen die gesetzlichen Krankenkassen auf eine Kinderwunschbehandlung haben.
Ich habe als Anwalt gelegentlich mit dem Recht der gesetzlichen Krankenversicherung zu tun (SGB V), daher verfolge ich die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts. Ausweislich einer Pressemitteilung der Pressestelle des BSG war es im vorliegenden Fall so, dass ein gleichgeschlechtliches weibliches Paar von der Krankenkasse eine Kinderwunschbehandlung unter Verwendung von Spendersamen (sogenannte heterologe Insemination) forderte.
Die Klage des Paares wurde nun letztinstanzlich zurückgewiesen. Offenbar lautete das entscheidende Argument, dass es bei der gesetzlichen Krankenversicherung um die Krankenbehandlung ginge. Die Klägerinnen in diesem Fall hätten jedoch statt der bloßen Überwindung einer krankheitsähnlichen Situation die Kompensation einer – in dieser Eheform – nicht bestehenden Zeugungsfähigkeit begehrt, was nach dem Willen des Gesetzgebers keine Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung wäre.
Ich kann und will dieses Urteil nicht inhaltlich bewerten. Dafür müsste ich mich erst länger hineindenken und einarbeiten. Ich will lediglich einen Satz des BSG zitieren, der eine Wortkreation beinhaltet, an der Germanisten bestimmt zu knabbern haben:
Aus der Einführung der gleichgeschlechtlichen Ehe folge nicht die Pflicht, die zeugungsbiologischen Grenzen einer solchen Ehe mit Mitteln der gesetzlichen Krankenversicherung auszugleichen. Zeugungsbiologische Grenzen. Donnerwetter. Auf eine solche Wortschöpfung (oder gibt es dieses Wort etwa bereits?) muss man auch erst einmal kommen.
Übrigens: Nicht, dass hier ein Missverständnis aufkommt. Ich will das Urteil in keiner Weise (inhaltlich) bewerten. Ich bin extrem tolerant und behandle grundsätzlich alle Menschen gleich. Wenn jemand eine Niederlage erleidet, bedaure ich das grundsätzlich. Es geht mir in diesem Beitrag lediglich um das Wortungetüm der zeugungsbiologischen Grenzen. Wie sagte mein ehemaliger Hochschullehrer Professor Uwe Diederichsen so gerne? Das Werkzeug des Juristen ist die Sprache.