Immer wieder werde ich als Fachanwalt für Arbeitsrecht gefragt, was man machen kann/soll, wenn der Arbeitgeber einfach das dem Arbeitnehmer zustehende Gehalt nicht zahlt.
Die Antwort ist gar nicht einfach.
Natürlich kann (und sollte) man den Arbeitgeber darauf hinweisen, dass das Gehalt nicht auf dem Konto eingegangen ist. immerhin wäre es möglich, dass ein simpler Überweisungsfehler vorliegt.
Manchmal ist es aber auch so, dass das Gehalt über einen längeren Zeitraum immer wieder unpünktlich und unregelmäßig gezahlt wird. Immer wieder kommt es auch vor, dass das Gehalt für einen ganzen Monat nicht gezahlt wird. Spätestens bei fortgeschrittenem Zeitablauf stellt sich dann die Frage, was eigentlich ist, wenn auch für den darauf folgenden Monat kein Gehalt gezahlt wird.
Natürlich kann man Zahlungsklage erheben und den Arbeitgeber zur Zahlung verurteilen lassen. Die Kosten dafür muss der Arbeitnehmer übrigens regelmäßig aus eigener Tasche tragen, weil es die arbeitsrechtliche Besonderheit gibt, dass im Arbeitsrecht grundsätzlich jede Partei die eigenen Rechtsverfolgungskosten trägt unabhängig von der Rechtslage und dem Prozessausgang. Selbst wenn man gewinnt, muss man den eigenen Rechtsanwalt bezahlen. Unter anderem auch deshalb ist eine Rechtsschutzversicherung im Arbeitsrecht besonders sinnvoll/wertvoll.
Eine andere Möglichkeit ist das sogenannte Zurückbehaltungsrecht gemäß § 273 Abs. 1 BGB.
Dieses bedeutet, dass der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung so lange zurückhält, bis der Arbeitgeber das ausstehende Gehalt gezahlt hat. Für die zurückbehaltene Arbeitsleistung behält der Arbeitnehmer dann trotzdem seinen Gehaltsanspruch. Er muss dann also bezahlt werden, obwohl er gar nicht gearbeitet hat. Ganz so einfach ist es dann aber doch nicht:
Die Ausübung des Zurückbehaltungsrechts muss nach der Rechtsprechung “angemessen” sein und darf nicht gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verstoßen. Es reicht daher regelmäßig nicht aus, dass der Arbeitgeber in Verzug mit einem Monatsgehalt ist. Als Faustformel gilt in der Rechtsprechung ein Zahlungsverzug von zwei oder mehr Monaten.
Aber auch dann darf man nicht einfach so der Arbeit fernbleiben. Erforderlich ist vielmehr eine entsprechende Ankündigung und Abmahnung. Man muss dem Arbeitgeber also die Möglichkeit geben, das Problem zu beheben (also das ausstehende Gehalt zu zahlen), um das angedrohte Zurückbehaltungsrecht des Arbeitnehmers “abzuwenden”.
Die Ausübung des Zurückbehaltungsrechts ist für den Arbeitnehmer nicht frei von Risiken. Irrt er sich über die Voraussetzungen, kann der Arbeitgeber gegebenenfalls abmahnen und wegen (beharrlicher) Arbeitsverweigerung (fristlos) kündigen.
Sehr wichtig ist es, sich bei ausstehenden Gehältern bei der zuständigen Arbeitsagentur zu melden. Es besteht sogar grundsätzlich die Möglichkeit, Arbeitslosengeld zu erhalten (obwohl man ja gar nicht arbeitslos ist).
Im Falle einer Insolvenz des Arbeitgebers muss man sich ebenfalls schnellstmöglich an die Arbeitsagentur wenden. Unter anderem muss man dann das sogenannte Insolvenzgeld beantragen. Das muss in der richtigen Form geschehen und ist im Übrigen fristgebunden. Außerdem springt die Arbeitsagentur nicht für alle ausstehenden Gehälter ein, sondern maximal für drei Monate.