Es dürfte sehr häufig vorkommen, dass sich ein Arbeitnehmer gegen eine ausgesprochene Kündigung mittels Kündigungsschutzklage zur Wehr setzt. Die Frage ist, wie es sich mit der Vergütung nach Ablauf der Kündigungsfrist verhält, wenn das Arbeitsgericht feststellt, dass die Kündigung unwirksam war.
Der Arbeitnehmer wird sagen, dass er das ja immer gewusst hat und seinen Lohn nachfordern. Der Arbeitgeber wird einwenden: Ohne Arbeit – kein Lohn. Wer hat nun Recht?
Der Arbeitnehmer hat Recht. Durch die Kündigung setzt sich der Arbeitgeber sozusagen selber (für die Zeit nach Ablauf der Kündigungsfrist) in Verzug. Beispiel: Es wird zum 31.07. gekündigt. Am Jahresende ergeht das Urteil, die Kündigung war unwirksam und hat das Arbeitsverhältnis nicht beendet.
Rechtsfolge: Der Arbeitgeber muss die Vergütung ab 01.08. nachzahlen. Praktisch so, als hätte der Arbeitnehmer gearbeitet (was er ja in Wirklichkeit nicht getan hat). Allerdings darf der Arbeitnehmer nicht doppelt kassieren. Wenn er also in der fraglichen Zeit eine andere Stelle angetreten hat, muss er sich das dort Verdiente anrechnen lassen. Wenn der Arbeitgeber Glück hat, muss er dann gar nichts nachbezahlen. Hatte der Gekündigte jedoch keinen anderweitigen Verdienst, muss das volle Gehalt nachgezahlt werden.
Übrigens: Der Arbeitnehmer muss in unserem Beispiel nicht am 01.08. zur Arbeit fahren und seine Arbeitsleistung anbieten. Er muss das auch nicht – mündlich oder schriftlich – anbieten. Nach der Rechtspechung des Bundesarbeitsgerichts kommt der Arbeitgeber allein dadurch in Verzug, dass er ab 01.08. keine Arbeitszuweisungen mehr erteilt.
Das BAG sagt dazu wörtlich (BAG, Urteil vom 19.01.1999 – 9 AZR 679/97):
<<< Dem Arbeitgeber obliegt es als Gläubiger der geschuldeten Arbeitsleistung, dem Arbeitnehmer die Leistungserbringung zu ermöglichen. Dazu muß er den Arbeitseinsatz des Arbeitnehmers fortlaufend planen und durch Weisungen hinsichtlich Ort und Zeit näher konkretisieren. Kommt der Arbeitgeber dieser Obliegenheit nicht nach, gerät er in Annahmeverzug, ohne daß es eines Angebots der Arbeitsleistung durch den Arbeitnehmer bedarf. >>>