Ein Arbeitgeber muss seine Mitarbeiter vor Schäden bewahren, auch vor Gesundheitsgefahren. Dieser Fakt spielt in Zeiten der Corona-Pandemie eine besondere Rolle.
Trifft der Arbeitgeber keine geeigneten Vorkehrungen, trifft ihn eine Schadenersatzpflicht aus dem Gesichtspunkt der unerlaubten Handlung, § 618 Abs. 3 BGB. Der ausgleichspflichtige Schaden kann vielfältig sein: Verdienstausfall, Behandlungskosten, etc. Außerdem droht im Falle unzureichender Schutzmaßnahmen, dass Mitarbeiter die Arbeit “verweigern”, aber gleichwohl vergütet werden müssen.
Doch welche Maßnahmen muss der Arbeitgeber konkret ergreifen? Zwangsfiebermessungen? Verbot, den Betrieb zu betreten, wenn der Mitarbeiter aus einem Risikogebiet kommt? Schreibtische 2 Meter auseinanderziehen? Kantine schließen? Mitarbeiterbefragungen zu Symptomen oder zu irgendwelchen Risikofaktoren?
Da es eine vergleichbare Situation noch nicht gab, kann man hierzu nicht auf entsprechende Gerichtsentscheidungen zurückgreifen. Es gibt keine Urteile in der ruhmreichen Geschichte der Arbeitsgerichtsbarkeit, die sich mit Coronaviren-Pandemien befassen. Daher bestehen rechtliche Unsicherheiten.
Meine Meinung: Arbeitgeber sollten eher zu viel tun als zu wenig.
Erlangen Arbeitgeber Hinweise auf konkrete Verdachtsfälle und damit auf eine konkrete Ansteckungsgefahr, müssen Arbeitgeber das melden und das zuständige Gesundheitsamt darüber informieren. So weit, so klar.
Arbeitgeber sollten ihre Mitarbeiter nach meiner Einschätzung umfassend informieren und auf dem laufenden halten. Ich denke hier an:
- Aktuelle Entwicklungen und Hintergrundinformationen zum Virus verfolgen und Belegschaft auf dem laufenden halten
- Umfassenden Aufklärung über die Ansteckungsgefahr mit dem Coronavirus und die richtigen Verhaltens- und Hygienemaßnahmen (Infos z.B. beim Robert Koch Institut)
- Wer ist das zuständige Gesundheitsamt? Gibt es Landesgesundheitsämter mit Hotlines, wo die Mitarbeiter weitere Fragen zum Coronavirus stellen können?
- Aufklärung über die Entstehung und Symptome der Infektion
- Im Moment grundsätzlich keine Dienstreisen
Ich würde außerdem darüber nachdenken, alle Mitarbeiter dazu aufzufordern, mitzuteilen, wenn sie innerhalb der letzten 14 Tage mit Infizierten oder Personen, die unter dem Verdacht einer Coronavirus-Infektion stehen, Kontakt hatten oder in einer Gegend waren, die als Risikogebiet eingestuft wurde.
Ich will allerdings nicht verschweigen, dass mit dieser Maßnahme datenschutzrechtliche Schwierigkeiten verbnden sind. Die Erhebung personenbezogener Daten und vor allem die Erhebung von Gesundheitsdaten bedarf eines besonderen Erlaubnistatbestands. Insofern dürfte hier abzuwägen sein, welches Risiko der Arbeitgeber eingehen will: Unzureichende Schutzmaßnahmen oder “Datenschutzärger”? Ich meine aber, dass ein erfahrener Fachanwalt hier eine gute Abwägung im Einzelfall vornehmen kann.
Im Übrigen würde ich folgende Hygienemaßnahmen im Betrieb einführen:
- Wo immer möglich Desinfektionsmittel bereit stellen
- Programm mit dem Ziel einführen, Mitarbeiter zum häufigen, gründlichen und richtigen Händewaschen zu animieren und darauf zu achten, dass alle Mitarbeiter einen MIndestabstand von 2 Metern einhalten (Kein Händeschütteln, keine Umarmungen, etc.). Außerdem soll die korrekte Husten- und Nies-Etikette (Armbeuge!) eingehalten werden.
- Enge Abstimmung mit Betriebsrazt / betriebsärztlichem Dienst
- Eventuell Schutzmaske/Mundschutz und/oder Schutzhandschuhe, bzw. Schutzkleidung zur Verfügung stellen