Ich wollte es schon lange mal schreiben: Die Radwege in Hamburg sind in einem katastrophalen Zustand. Es ist eine Zumutung.
Die Frage lautet: Jeder weiß es, auch die Politik. Warum ändert sich nichts?
Die Erdatmosphäre hat sich bereits deutlich durch das Verhalten der Menschheit erwärmt. Ich spreche davon, dass sich das Klima schon jetzt wegen des massiven Ausstoßes klimaschädlicher Gase (Kohlenstoffdioxyd) verändert und erwärmt hat.
Die Auswirkungen kennt jeder. Und ich meine wirklich: Jeder. Warum ändert sich nichts?
Der Jahrhundertsommer 2018, die dramatisch geschmolzene Eisdecke (in den letzten 30 Jahren hat sich ihre Fläche fast halbiert, wobei die Eisschicht zu allem Übel auch noch immer dünner wird), die Gletscher der Hochgebirge verlieren an Masse, bisher grüne Landstriche verdorren, schon seit Jahren bleiben die gewohnten Regenfälle aus, die für die Landwirtschaft dringend benötigt werden (z.B. in Südspanien, etc.), die Wasserknappheit in Südeuropa verstärkt sich, usw.
Es ist eigentlich unglaublich, was uns bevorsteht. Man sehe sich mal an, was das Umweltbundesamt dazu mitteilt:
Es heißt dort zur Einführung lapidar: “Auch für Deutschland hat der Klimawandel Folgen. Diese betreffen nahezu alle Bereiche der Gesellschaft.” Anschließend kann man sich ansehen, welche Auswirkungen der Klimawandel in den einzelnen Bundesländern hat.
Unter Hamburg ist zu lesen:
<<< Seit 1881 sind die Temperaturen in der Metropolregion Hamburg um etwa 1,4 Grad Celsius angestiegen, davon entfallen rund 1,2 Grad auf die Zeit nach 1951. Je nach Erfolg der globalen Klimaschutzpolitik wird sich die Temperatur in Hamburg und Norddeutschland zum Ende des Jahrhunderts (2071-2100) im Vergleich zu heute (1961-1990) um weitere ein bis fünf Grad Celsius erhöht haben. >>>
Worauf ich hinaus will: Wie kann es sein, dass der Mensch die Augen vor offensichtlichen Missständen verschließt und partout nicht das Richtige machen will??
Ich glaube, dass es einerseits am politischen System liegt. Politiker wollen (viele müssen, da sie keine Berufsausbildung haben) wiedergewählt werden, man denkt in Legislaturperioden und verliert sich im “Klein-Klein”. Es fehlt der Mut, das Unbequeme auszusprechen. Man befürchtet, ähnlich wie im Mittelalter, als Bote schlechter Nachrichten dafür verantwortlich gemacht zu werden. Und man hat Angst vor allzu großen Änderungen, weil man immer denkt: “Na ja, wer weiß, vielleicht wird es ja doch alles gar nicht so schlimm, und überhaupt, warum soll ich denn die Welt retten, soll sich ein anderer mit den ganzen Lobbiisten herumärgern, ich will mir keinen Riesenärger einhandeln”.
Ich glaube, das ist menschlich. Der Mensch weiß, dass bestimmte Dinge falsch laufen und dringend geändert werden müssten. Da sich dadurch für ihn Einschränkungen ergeben, verschließt er die Augen davor und hofft, dass es irgendwie schon gutgehen wird. Oder dass er stirbt, bevor es ganz schlimm wird. Klimaschutz, ja klar, unbedingt. Aber erst noch schnell mit dem SUV zum Airport und einen kleinen Ausflug gemacht, davon wird die Welt ja nicht gleich untergehen. Außerdem habe ich ja nur dieses eine Leben und das will ich maximal angenehm und schön gestalten. Was juckt es mich, was in 100 Jahren ist, da bin ich ja eh weg.
Und was hat das jetzt mit den katastrophalen Radwegen in Hamburg zu tun? Ganz einfach: Bei jedem Schlagloch, bei jeder unüberlegten Verkehrsführung merkt man, dass es den Verantwortlichen schlicht egal ist. Man spürt das einfach. Die meisten Wähler fahren Auto, also hat der Autoverkehr Priorität. Und die Radwege machen wir als Alibi, weil man das ja irgendwie auch machen muss. Und das Klima lässt sich ja auch anders retten als mit ein paar Fahrrädern statt Autos.
Noch einmal kurz zum Mitschreiben: Wer das Fahrrad nimmt, lässt das Auto zu Hause stehen und verpestet in dem Augenblick nicht die Umwelt. Und stärkt seine Gesundheit. Weniger Übergewicht, weniger Bluthochdruck, weniger psychische Erkrankungen (Depressionen, etc.) usw. usf.
Natürlich müssen auch all´ diejenigen bequem und gut überall hinkommen, die nicht Fahrradfahren können oder wollen. Keine Frage. Aber liebe Politiker: Ihr dürft euch trauen, dem Volk die Wahrheit zu sagen. Auch wenn es weh tut. Fahrt weniger Auto, nehmt öfter das Fahrrad. Dafür haben wir ein ganz neues Konzept, das den Individualverkehr (fast) komplett neu gestaltet, wobei wir uns an Amsterdam und Kopenhagen orientieren. Wir wollen damit als Stadt Hamburg auch ein Zeichen setzen.
Das wäre ein deutliches und starkes Signal. Es muss sich dringend etwas an unserer Klimapolitik ändern, sonst geht es uns an den Kragen. Bei Corona geht es doch auch, man kann ja drastische Änderungen machen, wenn man nur will. Will man etwa gar nicht?!
Je länger ich darüber nachdenke, desto mehr komme ich dazu, dass Nachhaltigkeit nur mit Verzicht funktioniert. Wir alle müssen auf etwas verzichten, sonst geht der Planet kaputt. Es gibt keinen nachhaltigen Flug. Ganz einfach. Es gibt keine nachhaltige Autofahrt mit einem Verbrennungsmotor. Bitter, aber je früher wir uns an den Gedanken gewöhnen, desto besser. Hilft ja nix…
Übrigens: Ich bin sicher kein Öko-Aktivist oder etwas ähnliches. Nur ein ganz normal denkender Rechtsanwalt und Familienvater.