Die Pandemie ist längst noch nicht vorbei, im Gegenteil. Heute (18.11.2021) vermeldet das RKI den nächsten Höchststand mit mehr als 65.000 Neuinfektionen (Sieben-Tage-Inzidenz 336,9). Ich nehme an, dass man in der Rückschau noch über diese Sensationsnachricht “lächeln” wird, auch wenn die ganze Sache selbstredend überhaupt kein Spaß ist. Allein heute wurden 264 Todesfälle verzeichnet.
In einem anderen Beitrag erwähnte ich bereits, dass ich als Fachanwalt für Arbeitsrecht seit einigen Wochen relativ viel mit den Betriebsratswahlen im kommenden Frühjahr zu tun habe. Ich schule Wahlvorstände und erkläre allen, die es wissen wollen, welche neuen rechtlichen Vorgaben zu beachten sind. Da hat sich nämlich so einiges im Vergleich zu den letzten Wahlen (durch das Betriebsrätemodernisierungsgesetz) geändert.
Aktuell geht es oft um die Frage, wie die Wahl eigentlich stattfinden solle, wenn alle im Homeoffice sind. Die Antwort ist vergleichsweise simpel: So wie sonst auch.
Was ich damit meine: Der Gesetzgeber hat (leider!) versäumt, für diese Situation Regelungen zu schaffen. So hätte man beispielsweise über die Möglichkeit der elektronischen, bzw. digitalen Stimmabgabe nachdenken können. Hat man aber nicht. Bedeutet: Grundsätzlich muss die Stimmabgabe persönlich (vor Ort in einem Wahllokal mit ordentlicher Wahlkabine und Wahlurne) erfolgen.
Es gibt nur eine Ausnahme: Die Briefwahl (= “schriftliche Stimmabgabe”).
Arbeitnehmer, die im Zeitpunkt der Wahl wegen Abwesenheit vom Betrieb verhindert sind, können vom Wahlvorstand Briefwahlunterlagen verlangen (Gründe für eine solche Abwesenheit können eine Dienstreise oder Urlaub/Krankheit sein).
Neu ist, dass der Wahlvorstand ohne einen solchen Antrag von sich aus Briefwahlunterlagen an diejenigen Arbeitnehmer verschickt, von denen er weiß, dass sie im Zeitpunkt der Wahl voraussichtlich nicht im Betrieb anwesend sein werden (zum Beispiel die Außendienstler oder diejenigen, die Telearbeit machen). Das steht alles in § 24 der Wahlordnung.
Es gibt kein rechtssicheres Verfahren der digitalen Stimmabgabe. Wahlvorstände, die sich dazu entschließen, den Wählern die digitale/elektronische Stimmabgabe zu ermöglichen, riskieren eine Anfechtung der Wahl. Es ist daher dringend von einer digitalen/elektronischen Stimmabgabe abzuraten.
Das Landesarbeitsgericht Hessen hat allerdings für zulässig erachtet, die Auswertung der Stimmzettel automatisiert durch Scanner vornehmen zu lassen (sofern der Wahlvorstand Stichproben vornimmt, Beschluss vom 25.04.2018 – 16 TaBVGa 77/18).
Hier der Sachverhalt in dem dort entschiedenen einstweiligen Verfügungsverfahren:
Der Wahlvorstand beschloss die Nutzung eines Scanverfahrens zur elektronischen Stimmauszählung. Es sollen für die Stimmauszählung zwei Hochleistungsscanner eingesetzt werden, die optisch erkennen können, welche Liste auf einem Stimmzettel angekreuzt ist und die Stimmzettel elektronisch dieser Liste zuordnen. Dazu werden die Stimmzettel nach Öffnung der Wahlurnen durch den Wahlvorstand bzw. die von diesem bestellten Wahlhelfer den Wahlumschlägen entnommen. Die Stimmzettel werden von diesen sodann zunächst auf ihre Gültigkeit geprüft. Zweifelhafte Stimmzettel werden vor dem Scannen zunächst aussortiert und am Ende in einem gesonderten Paket gescannt. Die Stimmzettel dieses Pakets werden dann vom gesamten Wahlvorstand Einzelnen aufgerufen und geprüft. In allen Fällen erfolgt die Bewertung als gültig oder ungültig bzw. die Zuordnung zu einer Liste durch Beschluss des Wahlvorstands. Kann ein Scanner einen Stimmzettel nicht eindeutig zuordnen, etwa weil er keine eindeutige Eintragung enthält oder beschädigt ist, wird dieser Stimmzettel über eine Vorschau dem Wahlvorstand visuell angezeigt. Die Entscheidung über die Zuordnung dieses Stimmzettels trifft dann der Wahlvorstand. Die eingesetzte Software ist eine Standardsoftware.
Etwaige nachträglich vorgenommene Änderungen auf dem integrierten Datenbanksystem oder andere Systemmanipulationen würden durch Logfiles protokolliert und wären identifizierbar. Die Geräte werden vor der Wahl getestet. Am Vortag der Stimmauszählung werden in Anwesenheit von Teilen des Wahlvorstands ca. 150 Pseudo-Stimmzettel eingelesen und ausgewertet. Die elektronische Auswertung wird dann mit den Stimmzetteln verglichen. Bei der öffentlichen Stimmauszählung werden 10 Stimmzettel von im Auszählungsraum anwesenden Personen wahllos aus den bereits gezählten Stimmzetteln herausgesucht und mit der Zuordnung verglichen, die durch die elektronisch unterstützte Auswertung erfolgt war. Der Wahlvorstand wird während des gesamten Auszählungsvorgangs präsent sein. Die Scanner werden auf einem Tisch stehen und ohne Einschränkung einsehbar sein. Der Einzug der Stimmzettel kann jederzeit auch von der Öffentlichkeit nachverfolgt werden. Sämtliche Geräte werden in dem Raum sein, in dem die Auszählung durch den Wahlvorstand und die bestellten Wahlhelfer sowie die Öffentlichkeit sich befindet.