Neugewählter Betriebsrat – und nun?

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Im Frühjahr fanden turnusmäßige BR-Wahlen statt. Nun stellt sich u.a. die Frage, wie es sich mit Schulungen verhält. Gibt es rechtliche Vorgaben? Wer darf (oder muss) welche Seminare besuchen, was gibt es dabei zu bedenken, wie viele Schulungen dürfen/müssen es pro Jahr sein, etc.

Als Fachanwalt für Arbeitsrecht werde ich das momentan vermehrt gefragt. Ein guter Grund für einen Beitrag auf dieser Webseite.

Zunächst einmal: Wer gewähltes Stammmitglied in einem Betriebsrat geworden ist, hat die (betriebsverfassungs-)rechtliche Pflicht, sich die erforderlichen Kenntnisse anzueignen. Wer also nicht zufällig Arbeitsrechtler mit Kenntnissen im Kollektivarbeitsrecht ist, muss sich die Rechtskenntnisse “drauf schaffen”, die erforderlich sind, um das Amt eines Betriebsrats(mitglieds) ausüben zu können. Nimmt man also m.a.W. nicht an entsprechenden Schulungen teil, verstößt das gegen Pflichten, die das Gesetz dem BR-Mitglied auferlegt.

Was aber sind “erforderliche” Kenntnisse?

Man unterscheidet zwischen Grundlagenschulungen und Spezialseminaren.

Wenn es um die Vermittlung von Kenntnissen in den Bereichen Betriebsverfassungsgesetz, Arbeitsrecht, Arbeitsschutz geht, ist die Sache klar. Die Gerichte gehen vereinfacht gesagt ohne Weiteres davon aus, dass solche Seminare “erforderlich” sind. Ein BR-Mitglied, das ein solches Seminar noch nicht besucht hat, hat daher in aller Regel ohne Weiteres einen Anspruch darauf (und wie gesagt auch die Pflicht, ein solches zu besuchen).

Es empfiehlt sich nach meiner Erfahrung, die sog. Grundlagenseminare möglichst rasch zu besuchen, damit das Gremium schnellstmöglich handlungsfähig wird und das einzelne BR-Mitglied noch möglichst viel von den Kenntnissen profitiert, denn es ist logischerweise nicht gesagt, dass es im Frühjahr 2026 wiedergewählt wird. Und wenn es ohnehin sein muss, dann ran´ an den Speck.

Bei den sog. Spezialseminaren muss der Betriebsrat belegen, warum die jeweiligen Kenntnisse “erforderlich” sind. Er muss daher regelmäßig sagen können, dass das Seminarthema ein Aufgabenbereich des BR betrifft und es einen konkreten Anlass gibt.

Beispiel: Der BR beschließt, sich um das Thema “Datenschutz” zu kümmern. Dann benötigt er logischerweise Spezialkenntnisse zu dem Thema. Oder man befindet sich in Verhandlungen über den Abschluss einer Betriebsvereinbarung zum Thema “Mobiles Arbeiten”. Oder es geht um Arbeitszeit, Mitbestimmung bei Personellen Angelegenheiten oder oder oder…

Arbeitgeber sollten an dieser Stelle bedenken, dass es auch in ihrem Interesse liegen dürfte, wenn das neu gewählte Gremium weiß, was es tut.

Grundlagenseminare sind wie gesagt in aller Regel für jedes BR-Mitglied “erforderlich”; Spezialseminare nur für diejenigen, die mit dem jeweiligen Thema zu tun haben. Wenn also beispielsweise 3 BR-Mitglieder den Fachausschuss “Personelle Angelegenheiten” bilden, dann besteht regelmäßig nur für diese 3 Mitglieder ein Schulungsanspruch.

Und welchen Anbieter darf der BR nun auswählen? Muss es immer Inhouse und der Billigste sein?

Nein, der BR hat hier einen relativ weiten Ermessensspielraum. Er ist nicht gezwungen, immer den günstigsten Anbieter zu wählen. Auch ist es grundsätzlich erlaubt, ein externes Seminar zu besuchen (was zwar regelmäßig höhere Kosten verursachen dürfte, dafür aber den Vorteil bietet, sich mit Betriebsratskollegen aus anderen Betrieben austauschen zu können). Bei alledem muss der BR darauf achten, keine unnötigen Kosten zu verursachen. Beispiel:

Es gibt identische Seminare zur selben Zeit in der Nähe des Betriebs und einmal sehr weit entfernt vom Betrieb. Dann darf das Gremium wegen der erwähnten Pflicht zur Rücksichtnahme auf die Kosten des Arbeitgebers nicht das weit entfernte Seminar wählen.

Das Gremium muss sich auch überlegen, ob ein tägliches Pendeln zum Seminarort zumutbar ist oder nicht.

Übrigens: Bei der zeitlichen Lage muss das Gremium auf “betriebliche Notwendigkeiten” Rücksicht nehmen. Daran sind allerdings strenge Anforderungen zu stellen. Zu denken wäre hier an eine Störung des Betriebsablaufs, weil eine – zwingend erforderliche – Vertretung des “fehlenden” BR-Mitglieds nicht sichergestellt werden kann. oder eine unaufschiebbare Arbeitsspitze vorliegt.

Ich empfehle grundsätzlich, die Modalitäten einer Seminarteilnahme vorab mit der Arbeitgeberseite zu klären. “Notfalls” muss dann eine gerichtliche Klärung im Rahmen eines sog. Eilverfahrens (“Antrag auf Erlasse einer einstweiligen Verfügung”) erfolgen. Immer erforderlich ist selbstverständlich eine ordnungsgemäße Beschlussfassung des Gremiums. Bei einer solchen bin ich gerne behilflich. Sprecht mich bei Bedarf gerne an.

Also nochmal: Die BR-Mitglieder sind verpflichtet, an entsprechenden Schulungsveranstaltungen (“Seminare”) teilzunehmen. Es geht nämlich nicht um sie selber, sondern um die Wahrnehmung der Interessen der Arbeitnehmer im Betrieb.

Für etwaige Fragen stehe ich gerne telefonisch oder per Email zur Verfügung. Ich entwickle auch gerne ein Seminarkonzept bei besonderen Schulungswünschen eines Betriebsrats.