Immer Probleme mit dem Urlaub

  • Beitrags-Kategorie:Urteile

Ich hatte in einem anderen Beitrag schon darauf hingewiesen: Nach § 7 Abs. 3 BUrlG (= Bundesurlaubsgesetz) verfällt nicht genommener Urlaub am Jahresende. Ausnahme: Der Urlaub kann wegen betrieblicher Gründe oder aus persönlichen Gründen (z.B. Krankheit) nicht genommen werden. In diesem Fall wird der Urlaub ins erste Quartal des Folgejahres übertragen. Er kann dann also bis zum 31.03. des Folgejahres genommen werden.

Nun hatte ich in dem Beitrag “Urlaubsanspruch” dargelegt, dass Arbeitgeber neuerdings dazu verpflichtet sind, Arbeitnehmer rechtzeitig darauf hinzuweisen, dass nicht genommener Urlaub gemäß § 7 Abs. 3 BUrlG am Ende des Kalenderjahres, bzw. am 31.03. des Folgejahres verfällt: https://fachanwalt-arbeitsrecht-hamburg.eu/urlaubsanspruch

Die Frage lautet nun, ob dieser Hinweis auch ergehen muss, wenn ein Arbeitnehmer langfristig erkrankt ist, beispielsweise schon seit einigen Jahren. In einem solchen Fall greift bekanntlich eine Ausnahme von der Ausnahme und der Urlaub verfällt erst 15 Monate nach Ablauf des Kalenderjahres. Beispiel: Der Urlaub 2018 eines Langzeiterkrankten verfällt am 31.03.2020. So hat es das BAG in Gemäßheit der Rechtsprechung des EuGH entschieden ( BAG, Urteil vom 07.08.2012 – 9 AZR 353/10).

Das LAG Hamm hatte nun einen Fall zu entscheiden, bei dem der Arbeitnehmer wegen einer langandauernden Erkrankung einige Tage Urlaub aus dem Jahr 2017 bis MItte 2019 (dem Zeitpunkt der Genesung) nicht nehmen konnte. Der Arbeitgeber hatte diesen AN nicht auf den Urlaubsverfall des 2017er Urlaubs (spätestens am 31.03.2019) hingewiesen.

Nach dem Landesarbeitsgericht Hamm musste er das auch nicht ( LAG Hamm, Urteil vom 24.07.2019 – 5 Sa 676/19). Der Urlaub aus 2017 ging trotzdem am 31.03.2019 unter.

Die Argumente lauteten:

1.) Der langzeiterkrankte AN ist rein faktisch gar nicht in der Lage, seinen Urlaub zu nehmen.

2.) Der Hinweis, den der EuGH verlangt (Urlaub verfällt am Jahresende,…), wäre bei Langzeiterkrankten rechtlich falsch. Hier greift ja die oben dargestellte Ausnahme von der Ausnahme und der Urlaub verfällt erst 15 Monate nach Ablauf des Kalenderjahres.

Es bleibt abzuwarten, ob sich das Bundesarbeitsgericht dieser Auffassung anschließen wird. Mich persönlich überzeugt das Urteil des LAG Hamm. Wenn ein Arbeitnehmer gar nicht in der Lage ist, seinen Urlaub zu nehmen, welchen Sinn soll dann der Hinweis machen, dass er seinen Urlaub nehmen muss, weil er sonst zu einem bestimmten Zeitpunkt verfällt?!

Arbeitgebern wird zu empfehlen sein, nach der Genesung von langzeiterkrankten Arbeitnehmern genau auszurechnen, welcher Urlaub noch nicht verfallen ist und den Arbeitnehmer aufzufordern, diesen Urlaub rechtzeitig zu nehmen, weil er ansonsten verfällt (siehe oben, die – neuen – ganz “normalen” Hinweispflichten).