Das neue Geschäftsgeheimnisgesetz

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Das “Know-how” eines Unternehmens ist typischerweise existenziell für dieses. Man denke beispielsweise an Kunden-, bzw. Preislisten, Pläne/Konstruktionszeichnungen oder Rezepturen (die berühmte “CocaCola-Formel”). Wäre halt misslich, wenn diese Formel einem Wettbewerber in die Hände fiele.

Die europäische Union hat die Bedeutung erkannt und eine sog. Know-how-Richtlinie erlassen. Richtlinie bedeutet, dass sie in nationales Recht umgesetzt werden muss.

Das ist in Deutschland in Form des Geschäftsgeheimnisgesetzes (= “GeschGehG”) geschehen.

Das „Geschäftsgeheimnis“ ist eine Information

a) die weder insgesamt noch in der genauen Anordnung und Zusammensetzung ihrer Bestandteile den Personen in den Kreisen, die üblicherweise mit dieser Art von Informationen umgehen, allgemein bekannt oder ohne Weiteres zugänglich ist und daher von wirtschaftlichem Wert ist und

b) die Gegenstand von den Umständen nach angemessenen Geheimhaltungsmaßnahmen durch ihren rechtmäßigen Inhaber ist und

c) bei der ein berechtigtes Interesse an der Geheimhaltung besteht

Einen wirtschaftlichen Wert hat die Information, wenn sie die Wettbewerbsposition, geschäftliche oder finanzielle Interessen negativ beeinflussen kann.

Typische Beispiele:

Herstellungsverfahren, produktbezogenes Know-how, Informationen über Kunden und Lieferanten, Bezugsquellen, Vertriebswege, Kosten- bzw. Preisinformationen (Einkaufs- und Verkaufspreise), Geschäftsstrategien, Unternehmensdaten, Marketing-Strategien, Businesspläne, (Markt-)Analysen/Marktforschung, IT-Infrastruktur, Quellcodes Prototypen, Formeln, Algorithmen, Erfindungen, Herstellungsprozesse, Designs, Rezepturen, Forschungsergebnisse, Kalkulationsunterlagen, Patentanmeldungen, Einzelheiten über Verhandlungen.

Angemessene Geheimhaltungsmaßnahmen:

Sehr wichtig ist die oben gezeigte Voraussetzung, wonach ein Geschäftsgeheimnis nur sein kann, was vom Unternehmer “angemessen” geschützt wurde.

Die Einzelheiten hierzu sind umstritten, was auch an der noch fehlenden Rechtsprechung liegen dürfte. Man wird aber wohl die Faustfomel aufstellen dürfen, dass sich das Ausmaß des Geheimhaltungsschutzes nach dem Schadenspotential richtet. Je existenzbedrohender eine Information ist, desto höhere Schutzmaßnahmen müssen ergriffen werden. Wird eine solche extrem sensible Information nur unzureichend geschützt, stellt sie nach der Definition kein Geschäftsgeheimnis dar.

Liegt die CocaCola-Formel einfach irgendwo in der Unternehmenszentrale – ungeschützt – rum, ist sie kein Geschäftsgeheimnis (mehr).

Daran erkennt man bereits die Dramatik des neuen Gesetzes. Geschäftsführer und Vorstände haften, wenn sie unzureichende Schutzmaßnahmen ergriffen (und dokumentiert!) haben.

Arbeitsrechtlich gibt es wichtige Besonderheiten:

§ 5 GeschGehG: Die Erlangung, die Nutzung oder die Offenlegung eines Geschäftsgeheimnisses fällt nicht unter die Verbote des § 4, wenn dies zum Schutz eines berechtigten Interesses erfolgt, insbesondere

  1. zur Ausübung des Rechts der freien Meinungsäußerung und der Informationsfreiheit, einschließlich der Achtung der Freiheit und der Pluralität der Medien;
  2. zur Aufdeckung einer rechtswidrigen Handlung oder eines beruflichen oder sonstigen Fehlverhaltens, wenn die Erlangung, Nutzung oder Offenlegung geeignet ist, das allgemeine öffentliche Interesse zu schützen (sog. Whistleblower-Schutz);
  3. im Rahmen der Offenlegung durch Arbeitnehmer gegenüber der Arbeitnehmervertretung, wenn dies erforderlich ist, damit die Arbeitnehmervertretung ihre Aufgaben erfüllen kann.“

Wichtig: GeschGehG und Arbeitsrecht stehen grundsätzlich nebeneinander. Das bedeutet, dass eine bestimmte Handlung arbeitsrechtlich unzulässig sein kann, aber nach GeschGehG zulässig.

Probleme entstehen beim Whistleblower-Schutz. Das Verhältnis der bisherigen Rechtsprechung zum neuen Gesetz ist noch ungeklärt. So gab es bislang das Erfordernis eines innerbetrieblichen Klärungsversuchs sowie die Berücksichtigung der Motivation eines Whistleblowers. das findet sich nicht im Gesetz wieder.

Für Betriebsräte stellt sich die Frage, wie sich das GeschGehG bei der Kenntniserlangung sensibler Informationen auswirkt.

§ 5 Nr. 3 GeschGehG bezieht sich lediglich auf die Kenntniserlangung durch den Arbeitnehmer. Was, wenn der Arbeitgeber auf den BR zukommt?

Nach § 79 BetrVG gelten bekanntlich besondere Geheimhaltungspflichten. Die Frage ist, ob der Begriff des “Geschäftsgeheimnisses” i.S.d. § 2 GeschGehG mit dem betriebsverfassungsrechtlichen Begriff des “Betriebs- und Geschäftsgeheimnisses” übereinstimmt. Die meisten Arbeitsrechtler gehen im Moment davon aus, dass der Gesetzgeber die Handlungsfähigkeit der Betriebsräte nicht antasten wollte, also keine Verschärfung durch die Einführung des neuen Gesetzes einher geht. Gerichtlich geklärt ist das aber bislang nicht.